ALEXANDER SAUERWEID
KOSAKE, DER UNREGELMÄSSIG IST UND DIE LAPPEN EINER FRAU TRÄGT, DIE ER AUSGERAUBT HAT
ALEXANDER SAUERWEID
Kurland 1783 – 1844 Sankt Petersburg
Handkolorierte Aquatinta auf Papier, signiert "Sauerweid del.", "Jazet sculp." und in der Mitte "Cosaque irrégulier vêtu de hardes de femme qu'il a pillées."
17 x 17,5 cm, mit Rändern 21 x 26,5 cm
PROVENIENZ
Privatsammlung, Wien
SCHLACHTSZENEN IN DER POST-NAPOLEONISCHEN DRUCKKULTUR
In den Jahren nach dem Fall Napoleons im Jahr 1815 erlebte Europa nicht nur die Neudefinition seiner politischen Karte, sondern auch einen wachsenden Appetit der Öffentlichkeit auf Bilder, die das Drama, das Trauma und die Inszenierung der Napoleonischen Kriege widerspiegelten. Einer der fruchtbarsten Kanäle dieser visuellen Kultur war der des gedruckten Grafikmaterials – insbesondere Aquatinta und Lithografie –, das eine breite Verbreitung militärischer Themen an ein wachsendes bürgerliches Publikum ermöglichte.
Unter den zahlreichen Künstlern und Verlegern, die in diesem Kontext tätig waren, sticht die Zusammenarbeit zwischen Alexander Sauerweid und Jean-Pierre-Marie Jazet als überzeugendes Beispiel für transkulturelle ikonografische Produktion hervor. Sauerweid, ein deutschbaltischer Maler, der nach Russland zog, wurde als Hofkünstler unter den Zaren Alexander I. und Nikolaus I. bekannt und war berühmt für seine dramatischen Reiterszenen, die oft mit ethnografischen Details angereichert waren. Seine Bilder von Kosaken, Husaren und irregulären Truppen entsprachen sowohl der westlichen Faszination für den Orient als auch der russischen imperialen Identität. Jazet, ein Meister der Aquatinta und unermüdlicher Graveur von Schlachtszenen und imperialen Ikonografien, brachte diese Kompositionen mit außergewöhnlicher technischer Raffinesse dem französischen Publikum nahe.
Ein bemerkenswertes Beispiel für diese Zusammenarbeit ist die handkolorierte Aquatinta mit dem Titel:
COSAQUE IRRÉGULIER VÊTU DE HARDES DE FEMME QU’IL A PILLÉES
("Kosake, der unregelmäßig ist und die Lumpen einer Frau trägt, die er ausgeraubt hat")
Das Bild wurde von Alexander Sauerweid entworfen und von Jean-Pierre Jazet gestochen und in Paris von Nepveu, einem bekannten Buchhändler in der Passage des Panoramas Nr. 26, veröffentlicht. Die Szene zeigt einen Kosaken mit gläsernen Augen auf einem galoppierenden Streitross, gekleidet in eine extravagante und absurde Kombination von Frauenkleidern, mit einer Lanze in der Hand und der Wind, der an den Stofffetzen zerrt. Obwohl der Ton humorvoll ist, spiegelt das Bild auch tiefere Strömungen in der französischen Wahrnehmung des „barbarischen“ Ausländers wider und stellt den Kosaken als exotisch und chaotisch dar – ein Symbol für die orientalische Unregelmäßigkeit, die während der Kriege von 1812 bis 1814 durch Europa gezogen war.
Der Druck kann als Satire oder als eine Form der Propaganda über die gefürchteten russischen Reiter gelesen werden, die 1814 in Paris einmarschierten. Gleichzeitig zeigt er Jazets technisches Können in der Verwendung der Aquatinta, einem Medium, das er in den Fußstapfen von Meistern wie David, Vernet und Gros künstlerisch aufwertete. Und es zeugt auch von Sauerweids Fähigkeit, Dramatik und Detail zu verschmelzen und Bilder zu schaffen, die die Fantasie zweier Reiche beflügeln können.
Die Popularität solcher Werke, insbesondere wenn sie in Serie veröffentlicht wurden, zeigt die kommerzielle Vitalität der militärischen Druckkultur im Frankreich der Nach-Napoleonischen Zeit. Verleger wie Nepveu gingen auf den Geschmack der Zeit ein, indem sie Bilder anboten, die Unterhaltung und moralischen Kommentar verbanden und die feine Grenze zwischen Bewunderung und Spott ausnutzten.
Dieses Blatt ist bis heute ein kurioses und lebendiges Dokument seiner Zeit: ein Fenster, wie Krieg, Imperium und Identität im Europa der frühen Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts imaginiert, vermarktet und konsumiert wurden.