JOACHIM OTTENS
RENISSE UND DAS HAUS MOERMONT
JOACHIM OTTENS
Amsterdam 1663 – 1719 Amsterdam
Radierung und Stich auf Papier, signiert "RENISSE en’t Huis Moermont" und "Ottens exc. Amst."
19,6 x 26,2 cm / 7,7 x 10,3 Zoll, gerahmt 32,4 x 38,4 cm / 12,8 x 15,1 Zoll
PROVENIENZ
Privatsammlung, Wien
Diese raffinierte Gravur zeigt eine Ansicht des Dorfes Renisse und des Anwesens Moermont, eingebettet in eine grüne und sorgfältig gestaltete Parklandschaft. Im Vordergrund erinnert eine Gruppe von Reitern, begleitet von Hunden, an eine Jagdszene oder die Ankunft von Aristokraten. Das Anwesen erscheint im Hintergrund, inmitten von Bäumen und Gärten, wobei Kirchtürme und Dächer die Skyline prägen. Der hohe Detaillierungsgrad, das Gleichgewicht zwischen architektonischer Klarheit und landschaftlicher Fülle sowie die raffinierte Wiedergabe von Licht und Schatten spiegeln die typische visuelle Raffinesse der Werkstatt Ottens wider.
Obwohl unter dem Namen der Gebrüder Ottens veröffentlicht, lassen die Komposition und der Stil der Kostüme vermuten, dass die Originalplatte von ihrem Vater, Joachim Ottens, Ende des 17. Jahrhunderts gestochen und später von den Söhnen zu Beginn des 18. Jahrhunderts neu gedruckt wurde.
ÜBER DIE DRUCKER: REINER UND JOSHUA OTTENS UND DIE AMSTERDAMER DYNASTIE
Reiner Ottens (1698–1750) und Joshua Ottens (1704–1765) gehörten zu einer bekannten Amsterdamer Dynastie von Kartographen und Graveuren, die über ein Jahrhundert lang aktiv war. Ihr Vater, Joachim Ottens (1663–1719), stammte aus einer Seefahrerfamilie und erhielt seine Ausbildung innerhalb der evangelisch-lutherischen Gemeinde von Amsterdam. In seiner Jugend arbeitete er mit dem berühmten Kartographen Frederik de Wit zusammen und gründete bereits in den 1680er Jahren eine eigene Verlagswerkstatt, die sich auf Karten, architektonische Zeichnungen und Zierstiche spezialisierte. Die Tätigkeit wurde von der Witwe und später von den Söhnen fortgeführt.
Die Familie Ottens besaß mehrere Immobilien im Herzen von Amsterdam, darunter Standorte in Nieuwendijk und Kalverstraat, und war eng in das intellektuelle und kommerzielle Leben der Stadt integriert. Die Werkstatt operierte unter dem Namen „De Werelt Kaart“ („Die Weltkarte“), was ihre kartographische Berufung unterstreicht. Die Familie beteiligte sich aktiv an der Gilde der Graveure und Kunsthändler und erlangte den offiziellen Status als Poorter (Bürger) und Gildelid (Gildenmitglied). Nach dem Tod von Joachim im Jahr 1719 ging das Unternehmen an seine beiden jüngeren Söhne, Reiner und Joshua, über.
Ihre berufliche Zusammenarbeit wurde 1726 mit einem Vertrag formalisiert, der jeden Aspekt regelte: vom Zusammenleben über die Leitung der Werkstatt bis hin zu den Rechten im Falle einer Heirat. Nach dem Tod von Reiner im Jahr 1750 führte Joshua das Geschäft weiter, und Dokumente belegen, dass die Witwe des Letzteren es mindestens bis zum Ende der 1770er Jahre aufrechterhielt.
Obwohl die Familie Ottens mitunter mit jüdischen Wurzeln in Verbindung gebracht wird – möglicherweise aufgrund der Wurzeln von Joachim oder seines sozialen Umfelds – bestätigen offizielle Dokumente die Zugehörigkeit zur lutherischen Gemeinde von Amsterdam. Zu dieser Zeit bot die Stadt ein weltoffenes Umfeld, in dem Menschen jüdischer, protestantischer, deutscher und flämischer Herkunft eng miteinander verkehrten. Gerade in diesem mehrsprachigen und multikulturellen Kontext entwickelte der Verlag Ottens seinen unverwechselbaren Stil und seinen Erfolg.
Die Gebrüder Ottens haben ein reiches Erbe hinterlassen, das Stiche wie die vorliegenden Ansichten von Capelle und Renisse sowie Karten, Atlanten, Architekturtafeln und dekorative Drucke umfasst. Ihre Werke spiegeln nicht nur die technische Meisterschaft des Stichs wider, sondern auch das hohe organisatorische Niveau und die Vision, die ihr Familienunternehmen zu einem wesentlichen Bestandteil des kulturellen Gefüges von Amsterdam im 18. Jahrhundert machten.