KARL MÜLLER
MOSES MIT DEM VOLK ISRAEL
KARL MÜLLER
Darmstadt 1818–1893 Bad Neuenahr
Bleistift auf Papier, signiert "Karl Muller 1880 November"
30 x 51 cm / 11,8 x 20,1 Zoll; ungerahmt, unten rechts signiert: Karl Muller 1880 November
PROVENIENZ
Österreich, Privatsammlung
Das Sujet eines Kunstwerks zu bestimmen, kann manchmal eine echte Herausforderung darstellen. Dies war genau der Fall, als ich diese Zeichnung erwarb. Auf den ersten Blick war ich überzeugt, dass sie eine Szene aus dem Neuen Testament darstellte. Mein Freund Michail Pyschow, ein Geistlicher, bemerkte jedoch ein wichtiges Detail: Die Hauptfigur strahlt ein Licht in Form von Hörnern aus. Dieses markante visuelle Element identifiziert eindeutig Moses, was bedeutet, dass wir es mit einer Episode aus dem Alten Testament zu tun haben.
Der nächste Schritt war die Festlegung des spezifischen dargestellten Ereignisses. Das Fehlen der Gesetzestafeln in Moses' Händen schloss die Szene seines Abstiegs vom Berg Sinai aus. Diese Zeichnung zeigt stattdessen einen anderen Moment: Moses, der sich an das Volk Israel wendet, um ihm seine Lehren zu vermitteln. Diese Szene erinnert an die Passage aus Deuteronomium:
"Höre, Israel: Der HERR, unser Gott, ist der einzige HERR.
Du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit aller deiner Kraft.
Diese Gebote, die ich dir heute gebe, sollen in deinem Herzen sein.
Du sollst sie deinen Kindern einschärfen und von ihnen reden, wenn du in deinem Haus bist oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst." (Deuteronomium 6:4-9)
Die religiöse Malerei spielte eine zentrale Rolle im Werk von Karl Müller, dem Künstler dieser Zeichnung. Als Vertreter der Düsseldorfer Schule versuchte er in seinen Werken eine tiefe Spiritualität und eine hohe Symbolik auszudrücken. Sein künstlerischer Stil wurde unter dem Einfluss der Nazarenerbewegung geprägt, mit der er während seiner Reisen nach Italien in Kontakt kam. Später beteiligte sich Müller aktiv an den Fresken von Kirchen und unterrichtete Historienmalerei an der Kunstakademie Düsseldorf, wo sein Werk breite Anerkennung fand.
Diese 1880 entstandene Zeichnung ist signiert und datiert: "Karl Muller 1880 November". Sie stellt ein herausragendes Beispiel der religiösen Kunst des späten 19. Jahrhunderts dar und veranschaulicht die charakteristische Aufmerksamkeit der Epoche für Details, spirituelle Tiefe und eine raffinierte künstlerische Technik.