Anton Simm, Jablonec Nad Nisou (Gablonz). Nordböhmen, Sudetenland, 1820-30, Biedermeierzeit. Außergewöhnlicher, meisterhaft radgeschliffener Kelch mit dem Motiv von "Parabel und Lebensleiter", der aufgrund der Technik, der Ausführungsqualität und der typischen Merkmale dem großen böhmischen Künstler zugeschrieben wird. Höhe 13,3 cm, Breite 8,7 cm. Der Kelch zeigt den Verlauf des menschlichen Lebens von der Wiege bis zum Tod (Lebensstufe). 1) Kind in der Wiege (Neugeborenes in der Wiege); 2) 5 Jahr ein Kind (fünf Jahre ein Kind) 3) 10 Jahr ein Knabe (zehn Jahre ein Junge) 4) 20 Jahr ein Jüngling (20 Jahre ein Jüngling) 5) 30 Jahr ein Mann (30 Jahre ein Mann) 6) 40 Jahr ein Vollgetan (40 Jahre ein reifer Mann) 7) 50 Jahr Stillstand (50 Jahre der "Stillstand") 8) 60 Jahr gehts alter an (60 Jahre beginnt das Altern) 9) 70 Jahr ein Greifz (70 Jahre ein alter Mann) 10) 80 Jahr Schneeweiss (80 Jahre weiß wie Schnee) 11) 90 anni Kinderspott (90 Jahre machen sich die Kinder lustig) 12) 100 Jahr Gnade bei Gott (100 Jahre, eine Gnade Gottes). Dann unten eine prächtige Kutsche "zur Taufe" = zur Taufe; rechts tragen Männer "zum Grabe" = zum Grab. In perfektem Zustand ohne Restaurierungen. Diese Art der Darstellung auf diesem Ausführungsniveau ist sehr selten und begehrt im Bereich der Biedermeierkelche der frühen Periode. Dieses böhmische Werk sollte nicht mit ähnlichen Darstellungen auf geschliffenen Kelchen in Bayern um 1850 verwechselt werden, die einen deutlich geringeren Wert haben.
Anton Simm, geboren am 3. Juni 1799 in Jablonec nad Nisou, einem reizvollen Zentrum im nördlichen Böhmen, im Herzen des Riesengebirges, wo die schönsten böhmisch-deutschen Werke der Biedermeierzeit entstanden, war einer der größten Künstler-Skulpteure und Glasschleifer, die jemals auf der Welt gelebt haben. Er wurde von seinem Vater, einem anderen großen Schleifer, Wenzel Simm, in diese Kunst eingeführt. Er leitete eine prestigeträchtige Manufaktur, in der Werke mit religiösen Motiven, Jagdszenen, Pflanzen und Tieren und selten Allegorien geschliffen wurden. Der Künstler starb ebenfalls in Jablonec nad Nisou am 17. März 1873. Literatur Pasaurek - Philippovitvich, Gläser der Empire und Biedermeierzeit, Paul von Lichtemberg, Glasgravuren des Biedermeier, S. 181-183. Glanz und Farbe, Liechtestein Museum Wien, S. 82-83 Licht und Farbe, Rudolf von Strasser S. 515
Das Werk befindet sich nicht dauerhaft in unseren Räumlichkeiten und kann nach Vereinbarung besichtigt werden.